Der von Außenministerin Nancy Wieser angekündigte deutsche Plan steht vor wirtschaftlichen Herausforderungen, die auf ein Scheitern hindeuten. Neben rechtlichen Komplikationen stehen vor allem die hohen wirtschaftlichen Kosten im Vordergrund. Nach dem Sturz des Assad-Regimes haben die Forderungen deutscher Politiker nach einer Rückführung syrischer Flüchtlinge zugenommen. Zudem steht die Frage der Migration und des Asyls im Mittelpunkt des politischen Wahlkampfs vor den Bundestagswahlen im kommenden Februar.
Die Bundesaußenministerin hat einen Plan angekündigt, der vorsieht, syrische Flüchtlinge zurückzuführen – während diejenigen, die integriert sind, also arbeiten, Deutsch lernen und über eine stabile Wohnung verfügen, in Deutschland bleiben dürfen. Dieser Plan hat bei über 700.000 syrischen Flüchtlingen Besorgnis ausgelöst. Zudem haben bereits 260.000 Syrer die deutsche Staatsbürgerschaft erworben.
Alberto Horst Niedhardt, leitender politischer Analyst am Zentrum für europäische Politik, hat davor gewarnt, dass die hohen Kosten der von Deutschland angekündigten Maßnahmen zu deren Scheitern führen werden: „Die konsequente Umsetzung dieser Entscheidung und die Durchführung individueller Fallprüfungen werden sehr kostspielig sein“, so Niedhardt.
Niedhardt hat auch vor Forderungen nach einer zwangsweisen Rückführung syrischer Flüchtlinge gewarnt, insbesondere nachdem Österreich der EU ein geplantes Programm zur Ausweisung und Rückführung nach Syrien vorgelegt hat. Er hat auf die rechtliche Komplexität der Frage der zwangsweisen Rückführung hingewiesen, da das europäische Recht eine Einzelfallprüfung verlangt und jeder Rückkehr sowie Rückführung überwacht werden muss. „Der Schutz der Menschenrechte muss gestärkt werden, indem Mechanismen zur Ermittlung möglicher Rechtsverletzungen eingeführt werden“, so Neidhardt.
Magnus Brunner, Kommissar für Inneres und Migration, hat auf der Tagung des Rates „Justiz und Inneres“ im vergangenen Monat gesagt, dass „eine Zwangsrückführung von syrischen Flüchtlingen derzeit nicht möglich ist“. Laut Euractiv hat der Sprecher der Europäischen Kommission erklärt, dass eine Rückkehr möglich sein könnte, „sofern sie freiwillig, sicher und menschenwürdig erfolgt“.
Während ihres Besuchs in der Türkei hat Kommissionspräsidentin von der Leyen erklärt, dass die EU mit dem UNHCR zusammenarbeitet, um sicherzustellen, dass die Bedingungen für eine freiwillige Rückführung erfüllt werden. Nach Angaben eines UNHCR-Sprechers wird die EU auch künftig aktiv mit der UN-Agentur zusammenarbeiten, um die Entwicklungen zu überwachen.
Laut Jean-Nicolas Bose, Vertreter des UNHCR, sollte der Schwerpunkt auf den Menschenrechten und der Bereitstellung grundlegender Dienstleistungen liegen. Er hat dazu gesagt: „Wir müssen sicherstellen, dass die Menschen Zugang zu einer angemessenen Grundversorgung, Bildung, Trinkwasser und Strom haben. Außerdem muss das neue Regime die Freiheiten und Rechte jeder Gruppe oder Minderheit garantieren“.
Bevor Deutschland die befristeten Aufenthaltsgenehmigungen von Syrern aufhebt und Rückkehrverfahren einleitet, muss das deutsche Außenministerium erklären, dass Syrien ein sicheres und stabiles Land ist – ein Prozess, der viel Zeit in Anspruch nehmen kann. Die in Deutschland lebenden Syrer sind jedoch beunruhigt. Nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge wollen 94 Prozent der Syrer nicht nach Syrien zurückkehren.“
Nach Angaben der Zeitung Asharq Al-Awsat ist die wirtschaftliche Instabilität in Syrien ein wichtiger Faktor für den Wunsch der Syrer, in Deutschland zu bleiben. Viele syrische Familien haben ihre Kinder in Schulen eingeschrieben und die arabische Sprache vergessen, nachdem sie jahrelang in Deutschland gelebt haben.