Eine afghanische Familie hat vor Gericht die Erteilung eines Einreisevisums für Deutschland erwirkt. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts erging, nachdem sich die Bundesregierung aus dem Rechtsstreit zurückgezogen hatte, da das Außenministerium keine Berufung gegen die einstweilige Verfügung zugunsten der afghanischen Familie eingelegt hatte.
Die Klage geht auf das Jahr 2023 zurück, als eine afghanische Asylbewerberin in Pakistan im Rahmen des Aufnahmeprogramms für Afghanistan eine Aufenthaltsgenehmigung für sich und ihre Familie erhalten hatte. Die Asylbewerberin, die als Rechtsprofessorin tätig ist, hatte daraufhin das Verwaltungsgericht angerufen und das Außenministerium verpflichtet, ihr und ihren Angehörigen Einreisevisa zu erteilen. Das Gericht hat entschieden, dass die Bundesregierung „rechtlich an unwiderrufliche endgültige Aufnahmeverpflichtungen gebunden“ sei. Die Professorin wartet seit anderthalb Jahren gemeinsam mit ihren 13 Familienmitgliedern in Pakistan auf Visa.
Das Auswärtige Amt hatte zunächst Berufung beim Oberverwaltungsgericht eingelegt.
Laut einem Sprecher des Oberverwaltungsgerichts in Berlin hat das Auswärtige Amt seine Berufung gegen die einstweilige Verfügung zurückgezogen. Damit ist die Entscheidung des Gerichts rechtskräftig und vollstreckbar.
In den vergangenen Monaten hat das Oberverwaltungsgericht mehrere Fälle im Zusammenhang mit dem Aufnahmeprogramm für Afghanen geprüft. Noch in diesem Monat wird eine Entscheidung in einem weiteren Verfahren im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms erwartet.
Laut einem Sprecher des Oberverwaltungsgerichts hat das Gericht allein im vergangenen Monat zwanzig ähnliche einstweilige Verfügungen zugunsten afghanischer Asylbewerber erlassen und das Auswärtige Amt verpflichtet, Visa für die Einreise nach Deutschland auszustellen.
Die Bundesregierung hat keine Gründe für die Rücknahme der Berufung genannt.
Auch das Auswärtige Amt hat nicht klargestellt, ob die gerichtliche Anordnung auf alle im Rahmen des Aufnahmeprogramms zugesagten afghanischen Asylbewerber angewendet wird oder ob Visa ausschließlich denjenigen erteilt werden, die unmittelbar von den Gerichtsentscheidungen betroffen sind.
Nach Angaben des Auswärtigen Amtes warten derzeit 2.300 afghanische Asylbewerber in Pakistan auf Visa, von denen die meisten bislang keinen Termin für ein Sicherheitsgespräch erhalten haben. Die Situation dieser Asylbewerber hat sich in den vergangenen Tagen verschärft, nachdem die pakistanische Regierung beschlossen hat, die Abschiebungen nach Afghanistan auszuweiten. Die pakistanischen Einwanderungsbehörden haben Hunderte Afghanen festgenommen, darunter auch Asylbewerber, die bei der deutschen Botschaft einen Antrag gestellt haben.
Das Aufnahmeprogramm für Afghanen wurde 2022 ins Leben gerufen, nachdem die Taliban in Afghanistan die Macht übernommen hatten.
Die Bundesregierung hat damals beschlossen, besonders gefährdeten Gruppen und ihren Familien die Möglichkeit zu geben, in Deutschland Schutz zu finden. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt setzte das Programm jedoch später aus.