Vor Beginn der ersten Plenartagung des neu gewählten Europäischen Parlaments haben 90 Menschenrechtsorganisationen an die Europäische Union aufgefordert, die Pläne europäischer Länder zur Abschiebung von Flüchtlingen ins Ausland und zur Bearbeitung von Asyl- und Schutzanträgen in Drittländern abzulehnen. Darüber hinaus haben die Organisationen dazu aufgerufen, das Recht auf Asyl und die Rechtsstaatlichkeit zu wahren.
Die Organisationen haben ihre Bestürzung über die Versuche einiger europäischer Länder geäußert, sich ihrer rechtlichen und internationalen Verantwortung gegenüber Migranten zu entziehen, indem sie beispielsweise die Bearbeitung von Asylanträgen und den Flüchtlingsschutz in Länder außerhalb der EU verlagern. Nach Ansicht der Organisationen, zu denen auch der Dänische Flüchtlingsrat (DRC), Amnesty International und Oxfam gehören, verstoßen diese Pläne gegen das Grundprinzip des internationalen Schutzes, das besagt, dass Personen, die einer Gerichtsbarkeit unterstehen, das Recht haben, in dieser Gerichtsbarkeit Asyl zu beantragen und eine ordnungsgemäße Überprüfung des Antrags zu erhalten.
Daneben haben die Organisationen darauf hingewiesen, dass der Plan des Vereinigten Königreichs, Flüchtlinge nach Ruanda abzuschieben, gescheitert ist. Daher sollte sich die EU der Versuche der europäischen Länder in Acht nehmen, sich ihrer rechtlichen Verantwortung zu entziehen. Zudem haben sie hinzugefügt, dass die europäischen Länder aufhören müssen, falsche Versprechungen zu machen und Geld sowie Zeit für unmenschliche und undurchführbare Programme zu verschwenden. „Wenn diese Pläne umgesetzt werden, wird es immer wieder zu Rechtsverletzungen kommen und zahlreiche Menschen werden lange und unrechtmäßig im Gefängnis festgehalten“, so Olivia Diez, Politikanalystin für das Europäische Programm für Migration bei Amnesty International. Sie hat auch darauf hingewiesen, dass die Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen 75 Prozent der Flüchtlinge weltweit aufnehmen. Zudem zeigen die Pläne der europäischen Länder, dass sich die EU nicht an Rechtsstaatlichkeit, internationale Verträge und Flüchtlingsschutzregelungen hält.
In einer gemeinsamen Erklärung haben die 90 Organisationen die EU aufgefordert, Vorschläge zur Abschiebung von Flüchtlingen und zur Bearbeitung von Asylanträgen in Ländern außerhalb der EU aufzugeben, da diese Vorschläge dem Migrationspakt und dem EU-Gesetz entgegenstehen. Außerdem sollte die EU eine humane und nachhaltige Migrations- und Asylpolitik unterstützen, die Menschen auf der Suche nach Sicherheit zugutekommt.
Die Organisationen haben darauf reagiert, nachdem 15 europäische Länder in einer Mitteilung an die Europäische Kommission gefordert hatten, die Möglichkeit der Bearbeitung von Asylanträgen im Ausland und einer Änderung des EU-Gesetzes zu überprüfen. Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, hat gesagt: „Diese innovativen Ideen verdienen unsere Aufmerksamkeit im neuen politischen Zyklus.„
Viele europäische Länder versuchen, die Aufnahme von Asylbewerbern zu verhindern, indem sie Abkommen mit Drittländern unterzeichnen, ohne sich darum zu kümmern, inwiefern die Behörden des Drittlandes die Menschenrechte achten. Einige Organisationen haben bereits zahlreiche Menschenrechtsverletzungen in Ländern beobachtet, die Abkommen zur Aufnahme von Asylbewerbern und zur Bearbeitung von Asyl- und Schutzanträgen im Auftrag der europäischen Länder unterzeichnet haben.