Nachdem Deutschland eine Reihe von Abschiebungen nach Bulgarien durchgeführt hat, hat der Flüchtlingshelfer Stefan Reichel in einem Interview mit der deutschen Zeitung (Taz) die schlechten Bedingungen der Flüchtlinge in den bulgarischen Asylunterkünften offengelegt. Er hat diese als erschreckend bezeichnet und die Strenge der bulgarischen Regierung gegenüber Flüchtlingen kritisiert.
Der Flüchtlingshelfer hat mit einer Gruppe von Helfern und Asylexperten der Kirchenasylorganisation zehn Tage in Bulgarien verbracht, um die Richtigkeit der vielen Berichte über die schlechten Bedingungen in den bulgarischen Flüchtlingsaufnahmezentren sowie das Ausmaß der Misshandlung von Flüchtlingen, insbesondere aus Syrien und Afghanistan, zu überprüfen.
Die kirchliche Gruppe hat sich mit Vertretern der bulgarischen Behörden, Anwälten, Mitarbeitern von Wohltätigkeitsorganisationen und einer Reihe von Flüchtlingen im Zentrum Harmanli, dem größten Asylzentrum Bulgariens, getroffen. Laut Raichel entsprechen die Berichte über die katastrophalen Bedingungen in Asylzentren und Gefängnissen der Wahrheit.
Diese Gruppe hat das Zentrum Harmanli, das größte Aufnahmezentrum für Flüchtlinge in Bulgarien, besucht. Laut Raichel beträgt die Finanzierung des Lagers etwa 3 Euro pro Flüchtling und Tag, was ein sehr geringer Betrag ist und nicht ausreicht, um die Grundbedürfnisse zu decken. Raichel hat auf die schwierigen Bedingungen hingewiesen, denen die Flüchtlinge ausgesetzt sind: Sie werden schwer geschlagen, verhaftet und eingesperrt. Zudem schiebt Bulgarien abgewiesene Flüchtlinge direkt in das Abschiebegefängnis ab, wo sie lange Monate, bis zu 18 Monate, bleiben könnten, bevor sie in ihr Herkunftsland abgeschoben werden.
Für Flüchtlinge mit internationalem Schutz, wie z. B. Syrer, die bereits in Bulgarien registriert sind, besteht die Möglichkeit, zum Flughafen gebracht zu werden. Finden sie jedoch keine Unterkunft mit spezieller Unterstützung, sind sie gezwungen, auf der Straße zu schlafen. Viele Flüchtlinge übernachten bereits in einem Park in der Nähe der großen Moschee im Stadtzentrum von Sofia und haben keinen Zugang zu legalen Arbeitsmöglichkeiten. Wenn eine dauerhafte Unterkunft verfügbar ist, können sie nur täglich auf dem Schwarzmarkt arbeiten.
Reichel hat auch festgestellt, dass Flüchtlinge an der bulgarischen Grenze entweder von Schmugglern oder der Polizei schwer misshandelt werden. Viele Flüchtlinge verlieren ihr Leben, nachdem sie sich in den Wäldern verirrt haben. Ein Freiwilliger, der an der bulgarischen Grenze nach Flüchtlingen sucht, hat berichtet, dass er allein 57 Leichen im Wald gefunden hat, obwohl er nur in einem kleinen Gebiet an der Südgrenze tätig ist.
Reichel hat auch die Verschärfung der Asylpolitik der Bundesregierung kritisiert: Auf die Forderung des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz und anderer deutscher Politiker, Asylbewerber nach Bulgarien abzuschieben, hat Reichel geantwortet: „Eine solche Forderung kann nur von jemandem kommen, der nichts mit Flüchtlingen zu tun hat und sich mit der Sache nicht auskennt“. Reichel hat auch erwähnt, dass deutsche Politiker sich der Schwierigkeit von Abschiebungen durchaus bewusst sind.
Darüber hinaus hat Reichel das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) kritisiert, das Gewalt gegen Flüchtlinge offenbar als Teil der regulären Polizeigewalt betrachtet, was die bulgarischen Behörden dazu ermutigt, Flüchtlinge gewaltsam abzuschieben. Auf die Aussage des CSU-Vorsitzenden, dass Flüchtlinge besser außerhalb Deutschlands zustechen sollten, hat Reichel geantwortet: „Es ist sicher, dass mehr als 95 % der Syrer keine Kriminellen sind.“ Er hat festgestellt, dass die Mehrheit der syrischen Flüchtlinge unter den Taten eines kleinen Prozentsatzes gewalttätiger Flüchtlinge leide.
Weiterhin hat Reichel die Darstellung des Themas Asyl in Deutschland als „nationalen Notstand“ durch deutsche Politiker kommentiert und dies als absurd bezeichnet. Zudem hat er die Positionen des CDU-Vorsitzenden Merz zum Thema Migration kritisiert: „Ich bin erstaunt, dass eine Volkspartei einen Spitzenkandidaten haben kann, der so eindeutig von den Fakten weg argumentiert“, so Reichel.
In einem Brief an Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat sich Reichel über die Situation der nach Bulgarien abgeschobenen Flüchtlinge erkundigt. Sie hat ihm geantwortet, dass ihr diese Umstände nicht bekannt gewesen seien. Zudem hat Reichel 400 Berichte von Betroffenen an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge übermittelt.